
Mehrere Tage begleitete ich Timmy auf den Markt und warnte ihn vor unerwünschten Blicken. Dabei schwebte ich stets über ihm. Ich blieb aufmerksam. Ich flüsterte ihm Warnungen zu. Und wenn es zu gefährlich erschien, huschte ich durch die misstrauischen Erwachsenen, um sie erschaudern zu lassen.
Danach waren sie eh mit sich selbst beschäftigt.
Nur schien Timmy mir mit jedem Marktbesuch weniger zu vertrauen. Er hatte nichts an mir auszusetzen. Zumindest nichts, was er mir ins Gesicht sagte. Aber er wurde schroffer. Schroffer und aggressiver.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte ich, als wir auf dem Rückweg waren. Ich hatte schon vorher mit dem Gedanken gespielt, etwas zu sagen, aber da waren immer so viele Leute oder Julie zugegen gewesen. Und das erschien mir nicht richtig …
„Jetzt nicht“, murrte Timmy zurück.
Seufzend schwebte ich voraus. Es würde nichts bringen, einen Streit anzufangen. Wenn Janes Enkel nicht wollte, dann wollte er eben nicht. Stattdessen würde ich eben nach Julie sehen. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, schien es ihr wieder besser zu gehen. Gestern hatte sie sogar ein sanftes Lächeln hervorgebracht.
Das schönste, das ich je gesehen hatte …
Ich wollte es nun jeden Tag erblicken!
„Julie?“, rief ich, sobald ich durch die Hauswand schwebte, „Wir sind wieder- Julie?“
Unschlüssig sank ich auf den Boden herab. Sie lag im Flur. Die Beine an den Körper gepresst, die Atmung flach. Ihr Körper zitterte. Sie … Sie war so klein, so zerbrechlich, so …
Sie erschauderte und hastig schwebte ich zurück. Ich konnte ihr nicht helfen. Ich konnte sie ja nicht einmal berühren! Ich konnte nur hier bleiben und auf diesen winzigen Körper starren, der mit dem Leben ring und-
Nein!
Timmy!
Abrupt raste ich hinaus und sprang dabei fast in ihren Bruder: „SCHNELL! JULIE-“
Mehr brachte ich nicht hervor, ehe dieser bereits losstürzte. Er fand seine Schwester sofort. Dieses kleine Ding, das sich direkt an ihn klammerte. Eilig redete er auf sie ein. Er trug sie in die Küche, wickelte sie in Decken ein, erschauderte …
„Soll ich ein Feuer machen?“, fragte ich leise.
Ich fühlte mich so hilflos. Wie sollte ich diesen Kindern helfen, sie retten, wenn ich ihnen nichts geben konnte? Ich konnte weder Geld noch Nahrung herbei zaubern! Ich … Ich war nur …
„Das bringt nichts …“, unterbrach Timmy meine Gedanken, „Sie ist zu schwach. Ohne Hilfe wird sie bis Übermorgen sterben.“
Weinend kuschelte er sich an Julie. Er schloss sie in die Arme. Sprach, bis seine Stimme zitterte. Bis sie abbrach.
Und ich konnte nur ungläubig auf die Geschwister starren.
Das Leben war nicht fair.