(Nach sehr vielen wahren Geschichten.)

Minki spürte, dass etwas im Busch war, sobald die Tür aufging. Diese Zweibeinerin … Die Tochter seines Retters … Sie kam so leise auf ihn zu. So vorsichtig. So zögerlich …
Es behagte ihm nicht.
Langsam hob der Kater den Kopf und betrachtete die Felllose warnend. Egal, was sie vorhatte, sie sollte es gewiss zügig überdenken! Er würde sich nicht noch einmal wie ein Spielzeug von ihr rumschubsen lassen. Sollte sie sich doch eine andere Beschäftigung suchen. Er wollte seine Ruhe!
Ein Lächeln legte sich auf ihre Züge. Es wirkte so zart. So zerbrechlich! Wenn er die Zweibeinerin nicht besser kennen würde, hätte er diese Mimik als Olivenzweig angenommen. Er hätte sie wie eine tote Maus gewertet, die ihm entschuldigend dargeboten wurde.
Aber Zweibeiner fingen keine Mäuse.
Sie mauzte in ihrer komischen Sprache und hielt ihm dann etwas hin. Ein … Was war das? Es war lang und aus irgendeinem Stoff gefertigt. Kleine Ösen hingen an der Seite. Die meisten davon schmückten den Stoff nur. Doch an einer davon baumelte ein rundes Ding, das ihm irgendwie bekannt vorkam.
Irritiert schnupperte Minki daran und stupste es dabei versehentlich mit der Nase an.
Es war kalt.
Erneut sagte die Felllose etwas und strich über seinen Rücken. Normalerweise hätte der Kater diese Berührung nicht gestattet, allerdings … Sein Interesse war von dem komischen runden Gegenstand geweckt worden. Er wollte es genauer untersuchen. Genauer erkunden. Genauer-
Er stieß es mit der Pfote an und es klingelte leise.
Huh?
Neugierig begutachtete er die glänzende Kugel. Er sog fremde Gerüche auf. Konnte Futter ausmachen. Heu. Und Stroh. Seine Ohren richteten sich auf den Stoff. Dann schlug er mit der Tatze dagegen!
Wieder erklang ein wohlwollender Ton. Er klirrte durch das Zimmer. Surrte durch ihn hindurch und ließ ein sanftmütiges Gefühl zurück.
Minki mochte ihn.
Und die Zweibeinerin lachte vergnügt.
Nun gut. Dann war sie vielleicht doch nicht so schlecht. Immerhin hatte sie ihm dieses neue Spielzeug gebracht. Das war ungewöhnlich, aber auch irgendwie … nett? Sollte er sich etwa bei ihr bedanken? Hm … Nein. Lieber nicht. Nicht, dass sie sich noch etwas darauf einbildete!
Und so schnurrte der Kater nur leise, während er immer wieder dieses Glöckchen anstupste. Glöckchen? Ja. Glöckchen! So nannte man diese Murmel!
Er schloss die Augen und genoss diese wunderbaren Töne, die das Zimmer erfüllten. Sie beruhigten ihn. Ließen ihn die Felllose beinahe vergessen, die irgendetwas sagte. Sie strich wieder über sein Fell. Es war eine sanfte Bewegung. Eine, die er nicht von dieser sonst so rabiaten Zweibeinerin gewöhnt war.
Dann legte sich etwas um seinen Hals.
Erschrocken sprang Minki auf. Er fauchte. Schüttelte sich. Kratzte an seinem Hals. Zerrte. Riss!
Und die ganze Zeit sang das Glöckchen dazu ein wildes Lied.
Irritiert hielt der Kater inne. Er starrte der Zweibeinerin hinterher, die nun zufrieden das Zimmer verließ. Erneut sagte sie etwas. Ihre Stimme klang dabei irgendwie so schadenfroh. So-
Das Glöckchen stoppte, während er ihr hinterher sah.
Hatte ihm diese Felllose etwa dieses Spielzeug nur gezeigt, um es direkt wieder mitzunehmen? Was sollte das? Dieses Glöckchen war seines! Er wollte es sofort zurü-
Er sprang von seinem Schlafplatz herab und plötzlich sang das Glöckchen unter ihm.
Erschrocken wandte sich der Kater im Sprung. Er versuchte, sein neues Spielzeug auszumachen. Es zu fassen. Es zu erblicken oder wenigstens-
Das Aufkrachen auf den Boden stoppte jegliches Vorhaben.
Minki mauzte verärgert der Zweibeinerin hinterher. Seine Schulter schmerzte. Das Halsband drückte seine Kehle. Und dieses verdammte Glöckchen-
Er setzte sich auf.
Es klingelte.
Er erstarrte.
Schnuppernd presste Minki das Kinn an seinen Hals. Er versuchte, seinen Hals zu erblicken. Das Halsband zu beäugen. Zu sehen, was ihm da eigentlich umgebunden wurde!
Etwas glänzte ihn an.
Hatte diese Zweibeinerin ihm das Glöckchen umgebunden? Was sollte das werden? Hielt sie ihn für eine Zirkuskatze, oder was?! Er musste dieses Ding los werden!
Wohlwollender Klang hin oder her, wenn er das Gebimmel den ganzen Tag vernehmen musste, würde er noch durchdrehen …