K: Eine andere Welt I

Entgegen der Erwartung ihres Vaters hatte Cindy selbst nach zwei Jahren noch Spaß am Unterricht der Hutan. Es hörte sich einfach alles zu ulkig an! So vieles, was sie auf natürlichem Wege verstand, mussten die anderen Kinder erklären können. Also. Richtig erklären. Mit Regeln und Gesetzen und Begründungen und manchmal sogar mit Formeln …

Dabei waren die Sachen doch so klar! Luft konnte nicht nichts sein. Und Wasser machte sich halt breiter, wenn es kalt wurde. Das waren simple Fakten für sie. Es war als würde man sie nach der Farbe ihrer Kleidung oder das Geräusch der Kreide an der Tafel fragen. Wieso sollte sie es also erklären?

Vielleicht hatte ihr Vater so gehofft, dass Cindy eine Welt ohne Magie bald langweilen würde. Dann könnte er sie wieder mit offenen Armen begrüßen und unter die Erde ziehen. So müsste er nichts gegen ihre Windaffinität unternehmen. Lucy müsste die Dominanz übernehmen. Sie würden in eine Ausbildung gequetscht werden. In ein fremdes Leben.

Nein. Lieber würde sie die dunklen Flecken in der Hutanwelt akzeptieren! Dann gäbe es eben Hausaufgaben, Vorträge, genervte Lehrer. Alles im Leben hatte eine Schattenseite. Und wenn Cindy eben die albernen Erklärungen lernen musste, um hier reinzupassen – so sei es drum! Das hier war immerhin ein Stück wahre Freiheit: Sie musste sich nicht mehr den ganzen Tag wie ein Brett benehmen. Sie durfte lachen. Weinen. Ja, Lucy beschwerte sich nicht einmal mehr, wenn sie die Zunge rausstreckte oder eine Schnute zog!

Sie konnte ein ganz normales Mädchen sein.

Nach Hutanstandards verstand sich.

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Minki und die Kuckucksuhr I

(Nach sehr vielen wahren Geschichten.)

Jeden Tag entschloss Minki aufs Neue, dass er die neue Wohnung nicht mochte. Sie war so klein! Außerdem gab es nur so wenig Zimmer und die Zimmer, die es gab, wirkten alle so voll. Platz war Mangelware. Und am schlimmsten: Wenn Minki seine fünf Minuten bekam, so konnte er sich kaum austoben. Denn im Nu war der Kater durch die ganze Wohnung gerannt. Dann musste er umdrehen. Umdrehen, um zurück zu rennen? Was für eine Verschwendung!

Er vermisste sein Rundel …

Allerdings war der fehlende Platz kaum der Rede wert, wenn Minki an sein anderes Problem dachte. Denn hier waren alle Geräusche um ein Vielfaches lauter. Sobald jemand den Schlüssel ins Schloss steckte, bekam der Kater es mit. Er hörte, wie sich die Zweibeiner erleichterten. Er hörte, wie die Frau seines Retters sich auf dem Balkon unterhielt. Er hörte, wie sich die Nachbarn stritten, wenn das Essen anbrannte!

Und niemals hatte der Kater seine Ruhe …

Vor allem nicht nun, wo er das Ticken in der ganzen Wohnung hörte. Das Ticken und das Geschrei …

Langsam schaute Minki zu dem Kasten auf, der an der Stubenwand hing.

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Minki und das Glöckchen II

(Nach sehr vielen wahren Geschichten.)

Beleidigt saß Minki im Garten. Sein Schwanz peitschte gegen den schattigen Boden und seine Ohren richteten sich auf die Zweibeiner. Auf seinen Retter und die anderen beiden Felllosen.

Verächtlich fuhr er mit den Krallen in den sandigen Boden.

Normalerweise genoss der Kater diese Idylle. Normalerweise spielte er liebend gerne in seinem Paradies. Normalerweise jagte er in seinem Königreich Nagetiere und Eichhörnchen. Aber nie Vögel. Nein. Bloß keine Flattermonster!

Doch normalerweise war gerade gestrichen.

Die junge Zweibeinerin lachte auf und rannte zu einigen Pflanzen mit roten Früchten herüber. Schnatternd pflückte sie drei Stück und machte sich damit auf den Rückweg, um sie mit den anderen zu teilen.

Minki verengte die Augen zu Schlitzen.

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Minki und das kleine Wesen

(Nach sehr vielen wahren Geschichten.)

Heftig peitschte er mit seinem Schwanz und starrte auf das kleine Wesen vor ihm. Dieses immer wieder grässlich kreischende Wesen, das eines der Zweibeiner angeschleppt hatte. Ein Wesen, das die Zweibeiner auf seinem Lieblingsfleck abgelegt hatten! Mitten in der Sonne! Auf seinem Bett!

Nun gut. Es war vielleicht nicht direkt Minkis Bett. Aber es war das Bett seines Retters und das machte das Möbelstück doch wahrlich zu seinem Katzeneigentum! Immerhin war die Decke so schön weich und die Kissen so schön flauschig und die morgendliche Sonne …

Genervt wandte er den Kopf von dem Wesen ab. Er wandte sich dem Licht zu. Dieser herrlichen Wärme!

Und schielte unauffällig zu dem schlafenden Etwas hinüber.

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