M: Lampenfieber

„Das schaffst du, Mary“, ermutigte Kelp seine kleine Schwester sanft, doch schien das Mädchen nur weiter in sich zusammenzusacken.

„Ich möchte nicht … Bitte“, sie presste die Beine gegen ihren Oberkörper. Ihr ganzer Körper bebte. Sie schluchzte. Sie war nicht mehr als ein verknoteter Schatten in der Ecke ihres dunklen Zimmers.

Unschlüssig blickte Kelp zur Tür zurück. Bestimmt wurden sie auf der Party bereits vermisst. Immerhin sollten sie dort die Weihnachtslieder für die Erwachsenen trällern. Na ja. Er wäre dabei nur das lästige Übel. Wichtig war einzig Mary. Denn ihre Stimme war es, die jedes Mal in höchsten Tönen gepriesen wurde.

„Wenn wir nicht bald runter gehen, wird Vater sauer werden“, flüsterte er zu ihr herab, „Und Mutter wird uns wieder bestrafen. Bitte. Lass es uns einfach durchziehen, ja? Genauso wie die letzten Male. Da hast du es ja auch geschafft!“

Schwach schüttelte seine jüngere Schwester ihre blonden Haare umher.

Eine Träne landete auf seinem Handrücken.

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M: Vom Tageslicht verschluckt II

„Auf dein Zimmer“, befahl das Kindermädchen, noch ehe die Tür ins Schloss fiel.

Sie nickte. Ihre Hand lag noch immer auf der schmerzenden Wange. Stumme Tränen hatten sie befeuchtet. Stumme Tränen, die einfach nicht enden wollten.

Stephanie hasste diese Frau!

Wortlos ging sie nach nebenan und warf sich auf ihr Bett. Sie kickte dabei die dämlichen Klamotten runter. Diese hässlichen Fummel, die doch für den ganzen Mist mit verantwortlich waren! Am liebsten wollte sie die Sachen verbrennen! Sie wollte sich von allem nur noch lossagen!

Von Becky. Von ihrem Kindermädchen. Ja, selbst von ihrem Vater!

Nur ihre Mutter hatte sie verstanden.

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M: Vom Tageslicht verschluckt I

„Steph! Kommst du bitte?“

„Ja!“, grinsend strich das Mädchen ihre Haare zurecht. Erst in die eine, dann in die andere Richtung. Mit dem Haargel ihres Dads sah das Schauspiel sogar recht lustig aus. So steif und schwerfällig!

Kichernd bürstete sie die Haare nach oben und ahmte ein Gitarrensolo nach.

„Steph! Wir müssen endlich los. Sonst kommen wir zu spät zu deiner Freundin“, diesmal klopfte ihr Kindermädchen an die Badezimmertür.

Das Mädchen zog eine Schnute. Sie hatte keine Lust, einzukaufen. Aber noch weniger freute sie sich auf die Geburtstagsparty ihrer Freundin. Becky war so eine eingebildete Ziege! Das Mädchen musste immerzu über alles und jeden lästern. Es war zum Kotzen! Es war-

„Steph!“

„Ich mach‘ ja schon“, brummte sie durch die geschlossene Tür zurück.

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