K: Eine andere Welt II

Sobald der Unterricht für beendet erklärt wurde, warf Cindy erleichtert ihr Schulzeug in die Tasche. Das war die reinste Qual gewesen! Hinzu kam, dass die beiden hinter ihr immer noch über die Neue tuschelten. Durch ihre Windaffinität hörte sie jedes Wort! Reichte es nicht mal? Maggie, Maggie, Maggie sagten sie ständig. Dabei war die Wortmeldung der Stillen schon vor drei Stunden gewesen!

Genervt hob sie das Buch auf, das die Öffnung ihrer Tasche verfehlt hatte. Auch das noch. Heute war kein guter Tag. Sie musste sich besser zusammenreißen. Ja. Sonst würde ihr noch ein Unfall passieren. Ruhig bleiben. Ruhig.

Wieder fiel der Name Maggie.

Seufzend schloss Cindy die Augen und atmete kurz durch. Sie hörte, wie der Taschenrechner auf zwei Beinen überlegte, zu den älteren Waisen zu gehen. Immerhin hätte der eine sie die ersten Wochen jeden Tag bis zu ihrem Platz gebracht. Die Elternlosen standen füreinander ein. Wenn jemand aus dem Dorf Hilfe brauchte, war ein guter Draht zu der schrägen Familie stets hilfreich. Irgendwie kamen sie stets mit einem blauen Auge davon oder konnten sogar absurde Alibis liefern.

Eigentlich hatte sie das Waisenhaus nie gekümmert, aber wenn sie nicht mehr unter die Erde zurück wollte … Wenn sie aus der Welt der Macian verschwinden wollte … Moment. Wollte sie das?

In ihren Gedanken vertieft, lief sie fast in die Neue, die vor ihrem Tisch wartete. Still wie eine Statur stand sie dort. Eine Hand lag auf ihrem Halstuch. Die andere grub sich in den Saum ihrer Jacke. Die Finger zitterten leicht.

Huh. Sie zitterte? Damit wirkte sie ja fast wie eine Veteranin von daheim! Vor allem, da ihre Augen im Schatten lagen und ihr Mund sich so anspannte …

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K: Affinitätenwandel II

Als die Dunkelheit endlich von ihr abfiel, befand sich Cindy Lucy in ihrem Zimmer. Hier hatte sie den Großteil ihrer Kindheit verbracht. Der Raum war ihr so vertraut wie ihre eigenen Hände. Sie hatte hier ein riesiges Bett, gewaltige Schränke, hohe Decken, viel Platz um sich zu bewegen, zu tanzen, zu trainieren …

Und dennoch erschien ihr nun alles kleiner. Beengter. Erstickender.

Wie ein Käfig.

Zitternd streckte sie die Hand nach der Zimmerdecke aus. Diese Decke, die mit einem strahlenden Himmel bemalt war. Ein Himmel, der dem echten keine Konkurrenz machte. Der viel zu platt wirkte. Viel zu hohl. Er war nicht richtig. Nicht echt.

Nichts fühlte sich mehr echt an!

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