B: Die Zeichnungen

„Papa?“, rief Liane durch das große Haus, „Ich bin wieder da!“

Eine ungewohnte Stille antwortete ihr. Sie fühlte sich vertraut und gruselig zugleich an. Wie eine unförmige Erinnerung.

Unsicher stellte das Mädchen ihre Schuhe neben der Tür ab und schlich sich in die Küche. Alles andere wäre ihr falsch vorgekommen. Sie wollte hier keinen noch so kleinen Mucks von sich geben. Jedes Rascheln erschien ihr so endlos laut. Jeder Schritt wie Hufgetrampel. Es hatte etwas von einem Gewitter, das sich über ihr zusammenbraute.

Schaudernd trat Liane in die Küche. Sie mochte keine Gewitter. Wenn der Himmel die Beherrschung verlor, fühlte es sich immer wie eine tobende Apokalypse an. Niesel, Regen, Hagel ließen sie gleichermaßen erschaudern.

Nur Schnee war in Ordnung.

Schnee hatte sie schon immer gemocht …

Weiterlesen

B: Der Brief

Liane starrte auf die Tabletten, die ihr der Arzt verordnet hatte. Irgendwelche Antidepressiva, die ihr laut dem alten Mann helfen sollten, keinen Unfug mehr zu zeichnen. Sie sollte sie täglich zweimal nehmen. Mittags und abends. Immer zu denselben Uhrzeiten. Immer direkt vor den Mahlzeiten.

Entschlossen nahm sie sich ihre paar Pillen und warf sie in den kleinen Karton, der in ihrem Zimmer als Sammelsurium für winzige Objekte diente. Büroklammern, ein paar Stifte, zwei Würfel und diverser Krimskrams tummelten sich darin mit den Tabletten der letzten Tage.

Es war der einzige Ort, der ihr als Versteck in den Sinn gekommen war.

Weiterlesen