B: Ein offenes Ohr

Immer wieder schaute Liane auf die Uhr. Auf diese Zahlen, die leuchtend von den vergangenen Minuten und Stunden berichteten. Es war schon längst um sechs durch. Und ihr Vater war immer noch nicht zurück. Sollte sie weiterhin auf ihn warten? Oder sollte sie sich schon einmal etwas zu Essen machen? Würde er sich etwas auswärts holen? Sollte sie ihn fragen? Aber was, wenn er noch sauer auf sie war?

Nachdenklich ließ sie sich aufs Sofa fallen und starrte die Decke an.

Sie fühlte sich so kraftlos. Anfangs hatte sie ja noch mit Shiloh geschrieben. Doch dann konnte sie sich nicht mehr auf die Nachrichten konzentrieren. Die Buchstaben verschoben sich in ihrem Kopf und nahmen neue Formen an. Immer wieder war ihr Blick an den Zeichnungen hängen geblieben, während sich ihre Gedanken um Oliver kreisten. Erst unten in der Stube war es besser geworden.

Der Abstand tat gut.

Das plötzliche Türläuten schreckte sie aus ihrer Einsamkeit. Blinzelnd starrte sie zum Flur. Hatte sie sich das Geräusch nur eingebildet? Ja. Das musste es sein. Ihr Vater hatte einen Schlüssel und Shiloh und Oliver wussten von ihrem Stubenarrest. Niemand hatte einen Grund hier zu-

Erneut klingelte es.

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K: Aus dem Sturm

„Ernsthaft, Flo?“, murmelte Paul ungehört, als er die Actionfigur seines Stiefbruders auflas.

Sie war nicht der einzige Gegenstand, den der Jüngere im Rasen liegen gelassen hatte. Daneben lagen ein verrostetes Fahrrad, eine offene Tüte Gummitiere und ein Fußball. Und noch ein Stück weiter konnte Paul eine Decke mit einem Buch erkennen. Moment. War das Flos verschollenes Englischbuch?!

„Ich werd‘ nicht mehr …“, kopfschüttelnd schaute er in den verhangenen Himmel. Würde sein kleiner Stiefbruder je allein in der Welt zurecht kommen?

Ein Regentropfen landete auf seiner Wange.

„Hilft doch alles nichts“, seufzend sammelte er das Schulbuch und die Fressalien auf. Am liebsten hätte er die Figur wieder auf den Boden geworfen. Um Flo eine Lektion zu erteilen. Als er jedoch das abgewetzte Gesicht erkannte, hielt er inne.

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Fujis Überraschung

„Noch nicht“, belehrte ihn Alpe erneut und mürrisch richtete die Wolke ihre Augen in die Höhe.

„Ich weiß“, beharrte Fuji, „Aber je mehr du mich warten lässt, desto neugieriger werde ich!“

„Na, na. Du willst dir doch nicht deine eigene Überraschung kaputt machen, oder?“

Seine eigene Überraschung … Das gefiel der Wolke! Bislang hatte sich noch nie jemand darum bemüht, ihn zu überraschen. Gewiss war es den Sternen nicht in den Sinn gekommen und die anderen Wesen … Die anderen Wesen kannte er ja gar nicht richtig. Er hatte sich nie ernsthaft mit ihnen beschäftigt. Stets hatte er seinen Fokus auf die Sonne oder die Erdoberfläche gelenkt. Er war den Vögeln ausgewichen, hatte nie das Gespräch mit den anderen Wolken gesucht, war einzig an den bunten Blumen und Bäumen interessiert gewesen …

Bis er gesehen hatte, dass sie auf dem trockenen Boden nicht gedeihen konnten.

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M: Kollateralschaden

Erschrocken schnappte Matt nach Luft, als die kleine Flamme am Herd wirklich aufloderte. Er hätte sie eigentlich erwarten müssen. Sie hatten hier ja einen Gasherd und das leuchtende Feuerchen erschien jedes Mal, wenn seine Mutter kochte. Nur …

Seine Mutter schlief noch selig nebenan.

„Meinst du, das muss noch doller?“, fragte sein Bruder leise und drehte unruhig am Knauf herum.

„Hm … Je heißer es ist, desto schneller müsste das Essen fertig sein und desto früher können wir Mama wecken, oder?“, gab Matt zu bedenken.

Das schien Lucas zu überzeugen. Sicher drehte er den Knauf auf die höchste Stufe und warf Eier und Speck in die Pfanne.

„Du machst dafür Kaffee“, flüsterte der Ältere.

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Am Abgrund

Ernste Themen sollten nie totgeschwiegen werden.
Deswegen schreibe ich in meine Gedichte ja seit jeher in einem eher düsteren Unterton. Diesmal fühle ich mich jedoch verpflichtet, hierbei eine Triggerwarnung zum Thema Suizid rauszugeben.

Bitte seid gewarnt und geht verantwortungsbewusst mit dem Inhalt/Weiterleiten um.

Beste Grüße
Medra

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