K: Ich sehe nichts

Das Geschrei hatte sie geweckt.

Verschlafen rollte sich Anja auf die Seite. Sie starrte auf die Wand zum Nebenzimmer. Runzelte die Stirn. Setzte ihre Brille auf. Blickte auf den Wecker. Seufzte.

Diesmal war es noch vor um drei.

Schlaftrunken schob sie sich aus dem Bett und schmiss sich eine dünne Jacke über. Ihr Zimmer war eiskalt. Kein Wunder. Die undichten Fenster und alten Heizkörper konnten schon ab September nachts keine ordentliche Temperatur mehr halten. Und mittlerweile kündigte sich Halloween an. Die Zeit der Geister, Gespenster und ruhelosen Seelen.

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K: Die Stimme

Leise stand Jenny auf. Sie erschauderte, als ihre nackten Füße den kalten Holzboden berührten. Doch verbat sie es sich, irgendwelche Geräusche über ihre Lippen zu lassen. Sie musste still bleiben. Das hatte sie sich vorgenommen. Nur so konnte sie hinter die Wahrheit kommen. Nur so konnte sie ihrem Onkel Fred helfen …

Fröstelnd zog sie sich eine viel zu große Jacke über ihr Nachthemd. Die Betreuerin des Waisenhauses hatte sie ihr gegeben. Genauso wie die anderen Kleidungsstücke. Genauso wie das tägliche Brot. Genauso wie das Dach über ihrem Kopf und die Freunde, die sich ihre Stieffamilie schimpften …

Doch im Gegenzug hatte man Jenny ihren Onkel genommen.

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