M: Düstere Vermutungen

Ms. Flatfink liebte Geschichte. Seitdem sie zum ersten Mal die Friedenstaube gelesen hatte, ein Schriftstück, das ihr Land mit seinen Ansichten und Weisheiten in eine Demokratie formte, schlug ihr Herz für die Historie. Bereits als Grundschülerin konnte sie sich in den alten Texten verlieren und lernte sogar, die damaligen Handschriften einwandfrei zu lesen. Alles für die vergessenen Wünsche und Ansichten, die ihr Land prägten. Es war wundervoll von all diesen Schicksalen zu erfahren. Wie sie zueinander führten. Wie sie einander berührten. Wie sie sich verwebten. Es war geradezu wie ein Zauber, der ihre Gedanken umwob!

Ein Zauber, den sie an ihre Schüler weitergeben wollte.

Doch ihre derzeitigen Klassen zeigten leider nur wenig Interesse an der Vergangenheit: Zwei Mädchen kicherten in der hintersten Reihe miteinander, während sie sich Nachrichten schrieben. Ein weiteres schaute nur verträumt aus dem Fenster. Der Junge in der Mitte war auf seiner Federtasche eingeschlafen. Ein weiteres Kind spielte geistesabwesend mit einem Bleistift und noch eines hatte sich hinter einem umgedrehten Mathebuch versteckt.

„Es ist anzunehmen, dass Jones Kirk ermordet wurde“, beendete sie gerade die Erklärung zum Untergang ihrer einstigen Diktatur, „Jedoch wurde der Täter nie gefunden. Niemand weiß ob er dem Ruhm o-“

„Er oder sie“, unterbrach eine gelangweilte Stimme.

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K: Nicht studieren

Ilse feuerte den Ofen an. Ein knarrendes, altes Ding, das älter als sie selbst war. Er musste noch mit Holzscheiten und dem Blasebalg vorgeheizt werden. Dennoch galt er zum Zeitpunkt des Hausbaus als modern.

Ganz im Gegensatz zu dem Kühlschrank daneben.

Stöhnend erhob sich Ilse und schloss den Ofen. Sie musste sich erst um das Frühstück kümmern. Danach kamen die Kuchen und Plätzchen ran, die sie an die Nachbarn verkaufte.

Es knarrte leise.

„Na? Endlich wieder daheim, Bekki?“

Geduldig wartete Ilse darauf, dass ihre jüngste Tochter in die Küche kam.

„Ich war nur kurz draußen, die frische Luft genießen“, erklärte Rebekka sogleich.

Ilse drehte sich nicht um. Sie kannte ihr Mädchen. Sie wusste wann es log.

Und sie wusste, wann es sich dafür schämen würde.

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