Im Blütenmeer

Genießend in der warmen Brise,
Sitze ich auf einer grünen Wiese.
Über mir aber nicht nur grün.
Nein, grün, weiß und pink –
Seht nur flink!
Seht ihr es blüh’n?

Der Wind umspielt,
Die Blüten so lieb,
Er säuselt und zieht,
Er ist ein Dieb!

Ein Dieb, der die Farben verweht,
Der sie als Regen hinabfegt!
Ein Regen aus Schönheit,
Ein Regen der Sanftheit.
Ein Regen der Verlogenheit?

Blütenblätter, Blumen, Knospen –
Einst sind sie an Ästen gesprossen,
Nun am Boden ergossen
Oder eher vergossen?

Der Dieb gibt sich herzlich.
Der Dieb gibt sich lieblich.
Doch ändert er sich?

Er tanzt durch die Blätter,
Verzaubert das Wetter,
Spielt Lieder über das Leben,
Predigt das Geben.
Ich hör ihn nur reden!

Ich blicke mich um,
Verzweifle stumm.

Um uns ist ein Meer aus purer Schönheit.
Um uns ist eine Spur Vergänglichkeit.
Um uns sind diese sanften Farben.
Die just hier starben.

Tintenfleck

Tropf! Heck!
Tintenfleck!
Geht nimmer weg.

Nicht vornehmlich,
Nein!
Sondern hämisch,
Glänzt es obendrein!

Sollte dort das Papier doch weiß bleiben.
Sollte dort doch die Pause verweilen.
Die Pause, die dem Satz
Vermacht einen Schatz.

Und nun?

Nun findet sich ein fetter Fleck
– ein Schreck! –
Und erfüllt keinen einzigen Zweck.

Die Tinte zerrinnt.
Die Farbe beginnt,
Fort zu fliehen,
Muster zu ziehen.

Ein Strich dort.
Ein Kringel hier.
Eine Gabelung da.
Ein Gewirr vor mir.

Etwas Wirres?
Etwas Schönes.
Etwas Einzigartiges!
Etwas-

Etwas, das mein Herz erstrahlt,
Während es munter weitermalt.

Ich muss wohl redigieren
Und darf es nicht mehr korrigieren.

Dieser Tintenfleck
Kommt hier nicht weg.
Er ist auf diesem Papier
Richtig bei mir.  

K: Das Leben ist zu schön

„Bitte sei leise, Sissy“, murmelte Lisa flehentlich, während sie das gefundene Kätzchen unter ihrem Shirt transportierte. Dennoch wollte das Tier nicht hören. Immer wieder mauzte es und jagte dem Kind einen Schrecken nach dem anderen ein.

Ertappt sah sich das Mädchen um. Sie befand sich auf der einzigen Straße, die von Kriegsheim zum Waisenhaus führte. Auf der einzigen Straße, die sie nach Hause brachte. Es war eine einsame Fahrbahn mit diversen Schlaglöchern und Gräsern, die sich mühsam durch das Beton fraßen und da es keinen Gehweg gab, tat Lisa häufig so, als wäre sie eines der seltenen Autos. Warum auch nicht? Die einzigen, die diesen Weg benutzen, waren ihre anderen Geschwister und Sabine. Dieser Ort lag viel zu abgelegen!

Ihre Augen huschten zum Waldrand, der ihr so nah erschien, als würde er die Straße sein Eigen nennen. Sie glaubte jemanden zwischen den Bäumen zu erkennen, doch als sie blinzelte, war die Person verschwunden. Es war nicht das erste Mal, dass ihre Augen ihr Streiche spielten. Die Schatten zwischen den Baumstämmen waren eigenartig verworren. Allerdings war das normal so. Sabine hatte es ihr beteuert.

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Frühling

Kleine Grünlinge,
Winzige Ringel,
Stechen klar hervor.

So rege
Finden sie Wege,
Schießen hoch empor.

Krokusse, Veilchen
Und in einem Weilchen
Folgt die gesamte Pracht –
Hei, dann wird gelacht!

Bunte Flecken,
Spielen Verstecken.
Trällernde Lieder,
Klingen wider.
Das Leben beginnt,
Der Schnee zerrinnt.

Es frohlockt mit Rufen.
Es zerrt einen über Stufen
Immer höher hinauf.
Und – wow!

Wie es prächtig erscheint,
Wie es Trauer verneint,
Wie es alle vereint!

Inmitten dieser Schönheit,
Verbirgt sich die Abwesenheit,
Des letzten Jahres.

Für nun beginnt es erneut,
Das Lied, das die Welt erfreut.